Paradigmenwechsel jetzt!

Für die einen markieren namentlich Kriege und Krisen Neuanfänge. Für andere sind es eher die Konferenzen der Mächtigen. Dort wo wirtschaftliche Weichenstellungen vereinbart werden, die uns alle betreffen.

Die italienisch-amerikanisch-britische Ökonomin Mariana Mazzucato, die als Forscherin, Buchautorin und Top-Beraterin gleichermassen gefragt ist, denkt Krisen und Konferenzen zusammen. Für Mazzucato ist zwingend, dass das heutige Weltwirtschaftssystem überholt werden muss. Unlängst schrieb sie in einem Blogbeitrag:  «Die meisten Wirtschaftsinstitutionen unterliegen immer noch veralteten Regeln, die es ihnen unmöglich machen, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Pandemie zu beenden, geschweige denn das Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.»

Mazzucato ist Ko-Autorin eines Berichts des G7 Economic Resilience Panels, der Ende Oktober am G20-Treffen in Rom diskutiert wird. Der Bericht schlägt vor, dass der Washington Consensus durch den Cornwall Consensus ersetzt wird. Im Washington Consensus von 1989 einigten sich die Weltbank, der Internationale Währungsfonds und das US-Finanzministerium im Wesentlichen auf jene wirtschaftspolitische Agenda, die als neoliberal bezeichnet wird: So wenig Regulierung wie möglich, Entfesselung der Marktkräfte, Privatisierungen von staatlichen Aufgaben und Abbau von Handelsschranken. Der Cornwall Consenus – er widerspiegelt ein auf dem G7-Gipfel in Cornwall im vergangenen Juni eingegangenes Bekenntnis – würde diese Imperative umkehren. Die vorgeschlagene Wiederbelebung der wirtschaftlichen Rolle des Staates soll es ermöglichen, gesellschaftliche Ziele zu verfolgen, internationale Solidarität aufzubauen und die globale Governance im Interesse des Gemeinwohls zu reformieren.

Mazzucato redet in ihrem letzten Buch («Mission Economy») einem mission based approach das Wort. Regierungen und Privatwirtschaft sollten sich auf gemeinsame Missionen – die Bekämpfung der Klimakrise, den Kampf gegen die zunehmende Ungleichheit, die Bekämpfung der Pandemie – verständigen. Anders seien die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht zu bewältigen. Als Beispiel eine einer solchen Mission führt Mazzucato das US-Raumprogramm der 1960er Jahre an. Die Administration Kennedy gab das Ziel aus, innert zehn Jahren einen Menschen zum Mond zu bringen. Geschafft wurde das in einem konzertierten Effort der Wirtschaft und der Wissenschaft, den die US-Regierung steuerte und koordinierte. Entscheidend für Mazzucato aber ist, dass davon die (US-)Allgemeinheit profitierte, es kam zu einem enormen Innovationsschub, von dem letztlich die ganze Welt profitierte. Man mag diese These für steil halten, interessant ist sie allemal. Zumal Mazzucatos zuvor publizierte Analyse («The Value of Everything – Making and Taking in the Global Economy») an Deutlichkeit nichts zu wünschen übriglässt: Während sich die einen für ihren Lebensunterhalt abrackern und kaum noch über die Runden kommen, hat sich im globalen Norden ein aufgeblähter Finanzsektor breit gemacht, der jegliche Moral und Wertebasierung für irrelevante Zeitverschwendung hält. 

Im Rahmen des 50 Jahr-Jubiläums des NADEL, des Centre for Development and Cooperation der ETH Zürich, werde ich am kommenden Freitag, 22. Oktober in einem Webinar Prof. Mazzucato befragen, wie sie sich die Rettung des Kapitalismus für eine inklusivere Welt vorstellt.

Das Webinar wird nicht aufgezeichnet, wer dabei sein möchte, registriert sich hier.

Zurück
Zurück

Walk this way

Weiter
Weiter

Was für eine Zukunft?